Die documenta und Museum Fridericianum gGmbH ist eine gemeinnützige Gesellschaft, die von der Stadt Kassel und dem Land Hessen als Gesellschaftern getragen wird.
Der Kasseler Maler und Akademieprofessor Arnold Bode versuchte 1955, durch eine „Präsentation der Kunst des zwanzigsten Jahrhunderts” Deutschland nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges wieder in einen Dialog mit der Welt zu bringen und in das internationale Kunstgeschehen einzubeziehen. Mit Hilfe der von ihm gegründeten „Gesellschaft Abendländischer Kunst des XX. Jahrhunderts e. V.” präsentierte er im zerstörten Museum Fridericianum die von den Nationalsozialisten als entartet diffamierte und bis dahin in Deutschland so nie gezeigte klassische Moderne.
Die erste documenta war eine Retrospektive mit Arbeiten aller bedeutenden Gruppierungen (Fauvismus, Expressionismus, Kubismus, Blauer Reiter, Futurismus) und genialer Einzelgänger wie Pablo Picasso, Max Ernst, Hans Arp, Henri Matisse, Wassily Kandinsky oder Henry Moore. In diesem Durchgang durch die Kunstgeschichte der ersten 50 Jahre des Jahrhunderts wurden neben den Klassikern der Moderne auch die deutschen Begründer der modernen Kunst wie Klee, Schlemmer oder Beckmann vorgestellt.
Ein enormer Nachholbedarf an Informationen veranlasste 130.000 Besucher, zu dieser Werkschau, die Retrospektive und auch Forum aktueller Kunst war, nach Kassel zu kommen. Durch den unerwarteten Erfolg ermutigt, plante Bode für 1959 eine zweite Ausstellung und installierte damit den Ausstellungszyklus der Kasseler documenta, die seit 1959 durch eine GmbH mit den Gesellschaftern Stadt Kassel und Land Hessen organisiert wird. Bis zur documenta 4 im Jahr 1968 leitete Arnold Bode zusammen mit Kunsthistorikern wie Werner Haftmann, Willi Grohmann, Werner Schmalenbach und Max Imdahl die Ausstellung, die immer mehr zum Seismographen aktueller Kunstentwicklungen wurde.
Mit Harald Szeemann als „Generalsekretär” begann 1972 ein neues Konzept der Ausstellungsleitung. Eine internationale Jury beruft im Auftrag des Aufsichtsrates der documenta gGmbH zu jeder Ausstellung eine neue künstlerische Leitung, 1997 zum ersten Mal mit Catherine David eine Ausstellungsleiterin. Jede documenta – einschließlich der documenta 14 – war geprägt von der Idee und dem persönlichen Konzept der künstlerischen Leitung und wurde somit nicht nur ein Forum für die aktuellen Tendenzen der Gegenwartskunst, sondern auch ein Ort innovativer und Maßstäbe setzender Ausstellungskonzepte.
Jede documenta lenkte auf ihre Art das internationale Gespräch über Kunst in neue Bahnen. Die Institution documenta hat sich in den letzten Jahrzehnten als ein Unternehmen etabliert, das weit über das einfache Präsentieren von dem, was es gerade gibt, hinausweist. Die Diskussionen der internationalen Kunstwelt bündeln sich alle 5 Jahren in dem Kasseler „Museum der 100 Tage”. In diesen Auseinandersetzungen und in der Dynamik der Diskussion um die jeweilige Konzeption der documenta (und um ihre künstlerische Leitung) spiegeln sich die Erwartungen der Gesellschaft an Kunst wider.
Foto © Nils Klinger
Das Fridericianum wurde im Jahr 1779 als eines der weltweit ersten öffentlichen Museen gegründet. Seit 1988 ist es eine international renommierte Kunsthalle. Auf über 2000 Quadratmeter Ausstellungsfläche wird ein breites Spektrum zeitgenössischer Kunst gezeigt – von Neuentdeckungen bis hin zu etablierteren Positionen. Nach Veit Loers (1987–1995), René Block (1997–2006), Rein Wolfs (2008–2013) und Susanne Pfeffer (2013–2017) hat seit November 2018 Moritz Wesseler die Leitung des Fridericianum inne. Im Fokus seines Programms stehen sowohl Künstler*innen, denen in Deutschland institutionell bislang noch keine Plattform geboten wurde, als auch historische Positionen, die es wiederzuentdecken gilt. Den Auftakt markierten dabei im Juni 2019 Einzelpräsentationen von Lucas Arruda und Ron Nagle. Auf diese folgten im Oktober 2019 eine umfangreiche Werkschau von Rachel Rose sowie im Februar 2020 die größte und seit über dreißig Jahren erste europäische Retrospektive zu Leben und Werk von Forrest Bess.
Begleitet werden die Ausstellungen von umfangreichen Bildungs- und Vermittlungsangeboten, die inhaltlich eng entlang der jeweils aktuellen Schau konzipiert sind. Sie sprechen individuell, auf verschiedene Alters- und Interessengruppen zugeschnitten, ein breites Publikum ebenso an wie Kunstexpert*innen.
Unabhängig von dieser Programmatik macht ein facettenreiches Veranstaltungsprogramm das Haus zu einem lebendigen Ort des Austauschs über zeitgenössische Kulturproduktion. So lädt das Fridericianum regelmäßig internationale Künstler*innen zu Gesprächen, Performances, Filmvorführungen und anderen Formaten ein.
Die Gründung des documenta archivs geht auf Arnold Bode zurück. Der Erfinder der documenta wollte die Kunstschau zu Beginn der 60er Jahre mit einer Institution an der Seite fortsetzen, die für die Macher*innen wissenschaftliches Rückgrat und Gedächtnis vergangener Ausstellungen zugleich sein sollte. Im Jahr 1961 nahm das zunächst städtische documenta archiv seine Arbeit auf. Seither wachsen die multimedialen Bestände dieses vielseitigen Wissensspeichers mit jeder weiteren Ausgabe der documenta stetig an. In einem symbolischen Akt erfolgte am 15. Juli 2015 die Übergabe des documenta archivs an die documenta und Museum Fridericianum gGmbH. Die Zielsetzung dabei ist, die internationale Bedeutung dieser einzigartigen Institution zu schärfen.
Als eines der wichtigsten Archive zur Gegenwartskunst übernimmt es heute die Produktion, Dokumentation, Archivierung und wissenschaftliche Bearbeitung von Text-, Bild- und multimedialen Quellen rund um die Kasseler Großausstellung und ist eng mit den künstlerisch-kuratorischen, den organisatorischen und technischen Teams der documenta und des Museum Fridericianum verzahnt.
Als Mitglied im Arbeitskreis selbstständiger Kultur-Institute e.V. (AsKI) ist das documenta archiv zu einer aktiven Wissenschafts- und Kunsteinrichtung herangewachsen, das Ausstellungs- und Forschungsprojekte mit nationalen und internationalen Partnern initiiert und zu künstlerischen Interventionen entlang eigener Objekte einlädt – ein Ort interdisziplinärer documenta-Forschung für Studierende, Fellows und Gastwissenschaftler*innen aus aller Welt. Die Schwerpunkte liegen auf dem Kunstsystem des 20. und 21. Jahrhunderts, auf objekt- und materialbasierten Fragen zu den Gegenwartskünsten, der Geschichte der Ausstellungspraxis und ihren medial vermittelten Präsentationsformen. Spezielle Forschungsfelder betreffen die Grenzen des Dokumentarischen auf den Feldern der Fotografie, des Films und der digitalen Kunst- und Geisteswissenschaften. Im Zentrum stehen derzeit die frühen documenta Ausstellungen, ihre organisatorischen und personellen mit dem Kunstbetrieb verflochtenen Strukturen sowie die Mechanismen kunsthistorischer Kanonisierungsprozesse.
Einer der Kerne des documenta archivs bilden die originären documenta Unterlagen, die während der Ausstellungsvorbereitung und der laufenden documenta entstehen. Dazu zählen analoge und digitale Schriftstücke, E-Mails, Chats oder klassische Korrespondenzen, Skizzen, Konzepte, Einladungen, Flyer, Presseunterlagen, Websites, Foto- und Videodokumentationen, Kunstobjekte und vieles mehr. Allein die Mediensammlung des Archivs besitzt rund 40.000 analoge, 45.000 digitale Bilder, 5000 Videos und 650 Audio-Aufnahmen zu Werken und Projekten der beteiligten Künstler*innen. Hinzu kommt ein umfassendes Pressearchiv: Etwa 45.000 Pressemappen und 660 Aktenordner zu einzelnen Künstlern sowie etwa 250.000 systematisch gesammelte Zeitungsausschnitte spiegeln die Geschichte der documenta wider.
Daneben beherbergt das documenta archiv eine der größten Spezialbibliotheken für moderne Kunst in Deutschland. Die Kunstbibliothek umfasst etwa 120.000 Bände, davon allein 71.000 Ausstellungskataloge. Einen besonderen Stellenwert nehmen die sogenannten Ephemera ein: Broschüren, Faltblätter, Einladungskarten, Privatdrucke, akademische Schriften und Galerie-Kataloge. Das documenta archiv erweitert seine Bestände stetig durch die Übernahme bedeutender Vor- und Nachlässe von documenta-Künstler*innen, Kurator:innen und zentralen Akteur:innen der Kunst- und Ausstellungsgeschichte. Herzstücke sind der Nachlass Arnold Bodes, der neben der Korrespondenz auch zahlreiche seiner Gemälde, Zeichnungen und Designobjekte enthält, oder des Künstlers und Hochschullehrers Harry Kramer: kinetische Plastiken, Modelle, Skizzen und zahlreiche Schriften. Eine der jüngsten Neuzugänge stellt der umfangreiche Vorlass des Theoretikers und Künstlers Bazon Brock dar.
Das documenta Institut entsteht in Kooperation zwischen dem Land Hessen, der Stadt Kassel, der documenta und Museum Fridericianum gGmbH sowie der Universität Kassel mit der Kunsthochschule unter finanzieller Beteiligung für das Bauvorhaben durch die Beauftragte für Kultur und Medien beim Bund. Als Gründungsdirektor des documenta Instituts wurde der renommierte Soziologe Prof. Dr. Heinz Bude berufen.
Ausgangspunkt für das documenta Institut sind die Bestände des documenta archivs, das zu einem außeruniversitären Forschungsinstitut weiterentwickelt wird. Das documenta archiv wurde 1961 von Arnold Bode ins Leben gerufen und widmet sich der Archivierung, Dokumentation und wissenschaftlichen Bearbeitung von Text- und Bildquellen zur modernen und zeitgenössischen Kunst, insbesondere zu den seit 1955 stattfindenden documenta Ausstellungen. Neben den documenta Unterlagen sind umfangreiche Presse-, Bild- und audiovisuelle Mediensammlungen, eine singuläre Kunstbibliothek sowie einschlägige Vor- und Nachlässe Teil des Bestandes.
Das documenta Institut wird zunächst unter dem Dach der documenta und Museum Fridericianum gGmbH gegründet und soll die auf die documenta und das internationale Ausstellungswesen bezogene Forschung transdisziplinär anregen, betreiben, fortentwickeln sowie öffentlich sichtbar machen.
Die documenta Halle ist ein Ausstellungs- und Veranstaltungsbau am Friedrichsplatz in Kassel, der 1992 vom Architekturbüro „Jourdan & Müller (PAS)“ entworfen und realisiert wurde. Heute ist sie im Besitz des Landes Hessen und wird von der documenta und Museum Fridericianum gGmbH verwaltet.
Foto: Nicolas Wefers
Foto: Nicolas Wefers
Foto: Frank Sperling
Aus einem bundesweiten Wettbewerb Ende 1989 ging der Entwurf der Architekten Jourdan und Müller als Sieger hervor. Als einzige von 137 eingereichten Arbeiten sah er einen Standort parallel zu dem bestehenden Staatstheater am Rande des Auehangs vor. Es entstand ein multifunktional nutzbares Gebäude mit Ausstellungsflächen unterschiedlicher Qualität und Größe. Mit Ausnahme des Kabinetts 4 am östlichen Ende der Halle sind alle Ausstellungsbereiche durch ein einheitliches hohes Flachdach zusammengefasst, das nur von den beiden satteldachförmigen Oberlichtern der Kabinette 1–3 und der Hohen Halle überragt wird. Dadurch ergeben sich bis etwa 11 Meter hohe Ausstellungsbereiche. Die Architektur der documenta-Halle wird geprägt durch drei Elemente: Glas, Stahl und Beton. Der dadurch reduzierte Raumeindruck lässt der jeweiligen Ausstellung / Veranstaltung genügend Freiraum zur eigenen Entfaltung.
Die Halle bietet 1400 m² Ausstellungsfläche und rund 700 m² sonstige Nebennutzflächen für Büros, ein Depot und einen Gastronomiebereich. Im jeweiligen documenta Jahr steht die Halle den Ausstellungsmachern zur Verfügung. Außerhalb dieser Zeit wird die documenta Halle für Veranstaltungen aller Art – von Kongressen und Tagungen über Präsentationen und Vortragsveranstaltungen bis hin zu Abendveranstaltungen und Events – genutzt.
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International Friends of documenta ist ein Kreis von Kunstfreund*innen, die das klassische Mäzenatentum pflegen. Er verbindet weltweit Menschen miteinander, die der zeitgenössischen Kunst auf einem internationalen Niveau fördernd verbunden sind und dabei die Ziele und Werte der documenta teilen. Die Unterstützung und Begleitung der künstlerischen Leitung, die die jeweilige Ausstellung immer wieder radikal neu formulieren und realisieren, steht dabei im Vordergrund.
International Friends of documenta versteht sich als ein unterstützendes Netzwerk, in dem sich die Mitglieder regelmäßig zu verschiedenen Anlässen treffen und bereits den Planungsprozess der kommenden documenta Ausstellungen mitverfolgen. Die Teilnahme erfolgt auf Einladung der documenta und Museum Fridericianum gGmbH.
Der Wissenschaftliche Beirat berät und unterstützt ab sofort den Aufsichtsrat und die Geschäftsführung der documenta gGmbH auf fachlich-wissenschaftlicher Ebene. Seine Mitglieder greifen aktuelle gesellschaftliche und wissenschaftliche Diskurse im spezifischen Kontext der documenta gGmbH auf und machen diese für die Weiterentwicklung der documenta fruchtbar. Sie fördern die fachlich-kuratorische Vernetzung der documenta gGmbH und bringen eigene und weitere relevante internationale, weltöffnende und plurale Perspektiven aus Wissenschaft und Forschung ein.
Die Mitglieder des Wissenschaftlichen Beirats Tania Coen-Uzzielli, Nicole Deitelhoff, Susanne Gaensheimer, Diane Lima, Christoph Menke und Thomas Sparr sind im Januar 2025 auf Vorschlag des Aufsichtsrats und in Abstimmung mit der Geschäftsführung von der Gesellschafterversammlung für fünf Jahre benannt worden.
Mitglieder des Wissenschaftlichen Beirats der documenta und Museum Fridericianum gGmbH
Tania Coen-Uzzielli, Foto: Hadas Parush
Nicole Deitelhoff, F.A.Z.-Foto / Lucas Bäuml
Susanne Gaensheimer, Foto: Andreas Endermann
Diane Lima, Foto: Wallace Domingues
Christoph Menke, Foto: © Lecher
Thomas Sparr, Foto: © Jürgen Bauer
Tania Coen-Uzzielli ist seit Januar 2019 Direktorin des Tel Aviv Museum of Art. Unter ihrer Leitung zieht das Museum über eine Million Besucher*innen jährlich an und wurde von The Art Newspaper vier Jahre in Folge als eines der 100 besten Museen der Welt ausgezeichnet. Vor ihrer Tätigkeit am Tel Aviv Museum of Art war Coen-Uzzielli als Kuratorin und Leiterin der Abteilung für kuratorische Angelegenheiten am Israel Museum in Jerusalem tätig. Dort kuratierte sie verschiedene Ausstellungen und leitete bedeutende Projekte, darunter die Installation Synagogue Route, ein vielbeachtetes Ausstellungsfeature, das 2010 eröffnet wurde. 2015 kuratierte sie die von Yuval Noah Hararis Bestseller Sapiens: Eine kurze Geschichte der Menschheit inspirierte multidisziplinäre Ausstellung A Brief History of Humankind, die später in der Bundeskunsthalle in Bonn gezeigt wurde. Zudem war sie Ko-Kuratorin der Ausstellung In Statu Quo: Architecture of Negotiation im israelischen Pavillon auf der 16. Architekturbiennale in Venedig. Coen-Uzzielli hat einen BA- und MA-Abschluss in Kunstgeschichte und Archäologie der Hebräischen Universität Jerusalem.
Nicole Deitelhoff ist Professorin für Internationale Beziehungen und Theorien globaler Ordnungen an der Goethe-Universität Frankfurt. Sie ist als Geschäftsführende Direktorin des Leibniz-Instituts für Friedens- und Konfliktforschung (PRIF) für den Forschungsbereich Internationale Institutionen verantwortlich. Außerdem ist sie gegenwärtig Ko-Sprecherin des Frankfurter Teilinstituts des Forschungsinstituts Gesellschaftlicher Zusammenhalt (FGZ) sowie der Forschungsinitiative ConTrust: Vertrauen im Konflikt – Politisches Zusammenleben unter Bedingungen der Ungewissheit. Ihre Forschungsschwerpunkte liegen in den Bereichen Kontestation und Krisen von Institutionen und Normen, Grundlagen politischer Herrschaft und ihrer Legitimation, Formen von Opposition und Dissidenz sowie Demokratie und Zusammenhalt. Seit dem Beginn des russischen Krieges in der Ukraine 2022 tritt Deitelhoff verstärkt als Expertin in öffentlichen Debatten auf. Im Jahr 2022 war sie Vorsitzende des wissenschaftlichen Begleitgremiums der documenta fifteen, das aus Prof. Dr. Marion Ackermann, Prof. Dr. Julia Bernstein, Marina Chernivsky, Prof. Peter Jelavich, Christoph Möllers und Facil Tesfaye bestand.
Susanne Gaensheimer ist seit 2017 Direktorin der Kunstsammlung NRW in Düsseldorf. Im K20 und K21 hat sie zahlreiche Ausstellungen zu internationalen Künstler*innen realisiert und die Sammlung im Zeichen der Vielstimmigkeit erneuert. Von 2009 bis 2017 leitete sie das MMK Museum für Moderne Kunst in Frankfurt am Main, dessen Dependance, das MMK 2, sie gründete. Als Kuratorin des Deutschen Pavillons bei der 54. und 55. Biennale von Venedig präsentierte sie 2011 Christoph Schlingensief (Goldener Löwe) sowie 2013 Ai Weiwei, Romuald Karmakar, Santu Mofokeng und Dayanita Singh. Zuvor war sie Leiterin der Sammlung moderner und zeitgenössischer Kunst am Münchener Lenbachhaus (2002–2008) und Direktorin des Westfälischen Kunstvereins in Münster (1999–2001). Seit 2016 ist Susanne Gaensheimer Honorarprofessorin an der Johann Wolfgang Goethe-Universität in Frankfurt a. M. Ihre Expertise bringt sie als Mitglied einflussreicher Kommissionen ein, darunter die Jury des Turner Prize 2013, die Findungskommission für die Kurator*innen der 7. und 8. Berlin Biennale sowie der documenta 14. 2023 hat sie den K21 Global Art Award ins Leben gerufen, der 2025 zum dritten Mal an internationale Künstler*innen vergeben wird.
Diane Lima ist eine brasilianische Kuratorin und Wissenschaftlerin und eine wichtige Schwarze feministische Stimme in der Kunst Lateinamerikas. Sie hat eine Reihe von Ausstellungen organisiert und mitgestaltet, zuletzt die 35. Biennale von São Paulo − choreographies of the impossible (2023), die Retrospektive von Paulo Nazareth im Museo Tamayo in Mexiko-Stadt (2024) und die 3. Triennale von Frestas (2020/2021). Lima organisierte zudem Absent Dialogues im Itaú Cultural (2016/2017), ein wegweisendes interdisziplinäres Programm, das prägend für Brasiliens antikolonialen Diskurs war. 2021 erhielt sie das Ford Global Fellowship und wurde damit für ihr Engagement für soziale Gerechtigkeit ausgezeichnet. Sie ist die Herausgeberin von Negros na Piscina: Arte Contemporânea, Curadoria e Educação („Schwarze im Pool: Zeitgenössische Kunst, kuratorische Arbeit und Bildung“, 2024), einer Publikation, die die Debatten über Rassifizierung und Kunst der letzten zehn Jahre retrospektiv beleuchtet. 2024 war Lima Gastprofessorin an der UNAM in Mexiko-Stadt und ist derzeit Programmdirektorin für das ESAP-Stipendium 2025 der A&L Berg Stiftung, das die berufliche Entwicklung von Kurator*innen mit lateinamerikanischem Hintergrund in den Vereinigten Staaten unterstützt.
Christoph Menke ist ein deutscher Philosoph und Germanist und seit 2009 Professor für Philosophie in Frankfurt am Main. Er gilt als ein wichtiger Vertreter der gegenwärtigen Frankfurter Schule. Menke ist Mitglied des Forschungszentrums Normative Ordnungen und Mitherausgeber des European Journal of Philosophy. Er hat zahlreiche viel beachtete Bücher in der Ästhetik (z.B. Kraft. Ein Grundbegriff der ästhetischen Anthropologie) sowie in der politischen Philosophie (Kritik der Rechte und Recht und Gewalt) geschrieben. Sein jüngstes Buch Theorie der Befreiung (2022) wurde über den Philosophie-Kontext hinaus breit in der Presse und in den sozialen Medien besprochen. Christoph Menke war Teilnehmer der documenta 13 (2012).
Thomas Sparr ist Autor, Literaturwissenschaftler und arbeitet als Editor-at-Large im Suhrkamp Verlag. Nach dem Studium der Literaturwissenschaft und Philosophie in Marburg, Hamburg und Paris war er von 1986 bis 1989 an der Hebräischen Universität in Jerusalem und am dortigen Leo Baeck Institut tätig, anschließend im Deutschen Literaturarchiv in Marbach. Von 1990 bis 1998 leitete er den Jüdischen Verlag und war Cheflektor des Siedler Verlags. Im Mai 2024 hat er zusammen mit Amir Eshel die Publikation Deutsche und Juden. Dokumentation einer Debatte herausgeben. Zu seinen weiteren Veröffentlichungen zählen u.a. Ich will fortleben, auch nach meinem Tod (2023), das eine Leerstelle in der Erzählung über Anne Frank schließt, Todesfuge. Biographie eines Gedichts (2020), Hotel Budapest, Berlin. Von Ungarn in Deutschland (2021) und Grunewald im Orient: Das deutsch-jüdische Jerusalem (2018).
Die documenta zählt zu den weltweit bedeutendsten Ausstellungen für zeitgenössische Kunst und hat als solche eine besondere Verantwortung und Vorbildfunktion für das Thema Nachhaltigkeit. Nachhaltiges Handeln sehen wir als wichtige Querschnittsaufgabe und geht für uns weit über ökologische Belange hinaus. Der wichtigste Bezugspunkt für alle Bemühungen ist dabei die Agenda 2030 für nachhaltige Entwicklung. Für die documenta und Museum Fridericianum gGmbH gilt das Drei-Säulen-Modell der Nachhaltigkeit, welches ökologische, ökonomische und soziale Aspekte umfasst.
Das Nachhaltigkeitskonzept der documenta 15
Zur documenta 15 wurde das Thema Nachhaltigkeit entsprechend ruangrupas künstlerischen Konzepts ganzheitlich betrachtet und fand in allen Bereichen der Planung und Durchführung der Ausstellung Berücksichtigung. Neben der Auseinandersetzung mit ökologischen Faktoren standen kulturelle, soziale, politische und wirtschaftliche Aspekte im Mittelpunkt. Besonders das Miteinander und Teilen sowie der Austausch von Wissen sind für ruangrupa eine wesentliche Voraussetzung für eine nachhaltige Entwicklung.
Im Rahmen dieser Wirkungsfelder wurden diverse Maßnahmen und Projekte realisiert, die hier beispielhaft aufgeführt werden:
• Nachhaltigkeitseuro im Ticket inkludiert, worüber 375.000 Euro für Aufforstungsprojekte in Indonesien und Deutschland generiert wurden
• Solidarity Ticket, das von einer Person gespendet wurde und einer anderen Person freien Eintritt zur documenta 15 ermöglichte
• Nahverkehrsnutzung im Ticket inkludiert
• Ausgeprägtes Engagement für Materialkreisläufe in Produktion und Infrastruktur (Wiederverwertung und Nachnutzung)
• Aufbau eines eigenen Foodmarkets mit Nachhaltigkeitsanspruch (regional, vegetarisch und vegan, Mehrweggeschirr) in Zusammenarbeit mit Kassel Marketing
• Gesonderte Evaluation / Besucher*innenbefragung zum Thema Nachhaltigkeit
Weitere Maßnahmen und Projekte
Verstetigung der Nachhaltigkeitsansätze
Ausgehend vom Nachhaltigkeitskonzept der documenta 15 implementiert die documenta und Museum Fridericianum gGmbH aktuell Maßnahmen und Projekte für eine nachhaltige Entwicklung dauerhaft in der Organisation:
• Die documenta ist seit November 2020 Mitglied im Aktionsnetzwerk Nachhaltigkeit, das von der Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien gefördert wird. Das Ziel ist, voneinander zu lernen und durch aktiven Austausch über eine nachhaltige Zukunft der Kulturbranche diesen Bereich insgesamt voranzubringen.
• Erfassung der Treibhausgasemissionen in den Liegenschaften Museum Fridericianum, documenta Halle und im documenta archiv sowie im Bürotrakt Untere Karlsstr. 8 mit Beratung durch die Künstlerin und Umweltschutzaktivistin Haley Mellin und Finanzierung durch die Tiger Foundation in New York. Der vollständige Bericht für 2022 und 2023 von The Carbon Accounting Company zum Download
• Weitreichende Anwendung der Prinzipien „Vermeidung, Verlagerung, Verringerung“, für die Ausstellungsproduktion, z.B. indem Kunsttransporte über den Seeweg transportiert werden
• Weiteres Engagement und Ausbau der bestehenden Initiativen für Materialkreisläufe, die sich mit der Verteilung und Wiederverwendung von Materialien für die Ausstellungsorganisation und -produktion befassen
• Zunehmende Papiervermeidung durch Digitalisierung. Umweltzeichen Blauer Engel als Standardvorgabe für Printprodukte
• Im April 2023 hat die documenta und Museum Fridericianum gGmbH erstmals einen Betriebsrat gegründet, der die auf den Betrieb bezogenen rechtlichen und sozialen Belange der Mitarbeitenden unterstützt
• Das Café im Fridericianum ist biozertifiziert
Wir begreifen Nachhaltigkeit als Querschnittsaufgabe, der wir uns in zunehmender Intensität dauerhaft annehmen. Zusammen möchten wir stetig dazulernen und uns weiterentwickeln, damit Prozesse vorangetrieben werden und wir unsere Maßnahmen sukzessive ausbauen und verstetigen.
Präambel
Die documenta und Museum Fridericianum gGmbH („documenta“) ist eine gemeinnützige Gesellschaft, die von der Stadt Kassel und dem Land Hessen zu gleichen Teilen getragen wird. Die documenta veranstaltet seit 1955 die gleichnamige und weltweit bedeutendste Ausstellungsreihe zeitgenössischer Kunst.
Die documenta ist dem im Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschland verkörperten humanistischen, freiheitlichen und demokratischen Wertesystem verpflichtet. Im Zentrum jedweder Betätigung der documenta steht die Achtung und Wahrung menschlicher Würde als fundamentaler Grundlage zivilisierten Lebens in Freiheit und Selbstbestimmung.
Die documenta bekennt sich zu ihrer hieraus erwachsenden Verpflichtung und Verantwortung zur Gewährleistung von Schutz gegen Antisemitismus, Rassismus und jedweder anderen Form gruppenbezogener Menschenfeindlichkeit. Die documenta gewährleistet die Kunstfreiheit und den für jede künstlerische Betätigung unabdingbaren freien, von Toleranz und Weltsicht geprägten Raum zum Ausdruck von Haltung und Meinung in allen erdenklichen Formensprachen.
Dieser Code of Conduct beschreibt die ethischen Standards, an denen sich sämtliches Handeln der documenta orientiert.
Anwendungsbereich
Der Code of Conduct gilt für die gesamte Organisation der documenta und sämtliche ihr zuzuordnenden Mitarbeitenden unabhängig von ihrem Beschäftigungsstatus. Der Geltungsbereich umfasst sämtliche Arbeitsbereiche der Gesellschaft, mithin sowohl die documenta Ausstellungen, als auch die ständigen Einrichtungen.
Er dient in diesem Anwendungsbereich als Handlungsorientierung für das von der documenta erwartete Verhalten und ergänzt den für die documenta geltenden rechtlichen Rahmen der in der Bundesrepublik Deutschland geltenden Gesetze.
Die jeweilige künstlerische Leitung der documenta Ausstellung soll innerhalb von drei Monaten nach ihrer Wahl in einer öffentlichen Veranstaltung ihr kuratorisches Konzept vorstellen, über ihre Haltung zu aktuellen Entwicklungen auf dem Gebiet zeitgenössischer Kunst informieren und darlegen, wie sie die Achtung der Menschenwürde unter Wahrung der grundgesetzlich geschützten Kunstfreiheit auf der von ihr kuratierten Ausstellung gewährleisten will.
Verhaltensgrundsätze
Gemäß ihres Selbstbekenntnisses steht die documenta für Toleranz und die Achtung menschlicher Würde. Sie tritt jeder Form von Antisemitismus, Rassismus und jedweder anderen Form gruppenbezogener Menschenfeindlichkeit aktiv entgegen. Die documenta sieht die Arbeitsdefinition des Antisemitismus der International Holocaust Remembrance Alliance (IHRA) und die Rassismusdefinition der UN-Antirassismuskonvention als für sich verbindlich an.
Die documenta gGmbH gewährleistet die Freiheit künstlerischen Werkens und Wirkens im Rahmen der in Deutschland geltenden Gesetze. Soweit die documenta künstlerische Äußerungsformen als im Konflikt stehend zu den in diesem Code of Conduct manifestierten Verhaltensgrundsätzen beurteilt, behält sie sich vor, ihre hieraus resultierende Haltung zu kommentieren und dies gegebenenfalls auch im unmittelbaren Wahrnehmungsbereich ausgestellter Kunstwerke durch Kontextualisierungen zum Ausdruck zu bringen.
In der internen Zusammenarbeit gehen die Mitarbeitenden der documenta respektvoll miteinander um. Die documenta steht für Diversität und arbeitet aktiv gegen Diskriminierung, Sexismus oder belästigende Verhaltensweisen in der eigenen Einrichtung.
Gesellschaftliche Verantwortung
Die documenta ist als Veranstalterin einer global wirksamen Ausstellung zeitgenössischer Kunst und allen weiteren von ihr wahrgenommen Aufgabenstellungen in besonderem Maße der Gewährleistung gesellschaftlicher Teilhabe unter Beachtung der Prinzipien von Fairness, Transparenz und Meinungspluralität verpflichtet. Sie setzt sich für eine Diskurs- und Debattenkultur im Sinne dieser Grundsätze ein. Mit ihren Ausstellungen, Veranstaltungen, Projekten und Publikationen bietet sie Räume für den kritischen Diskurs globaler Themen aus Gegenwart, Zukunft und Vergangenheit in einer Umgebung zeitgenössischer Kunst. Die documenta ist fest verankert in einer weltoffenen Gesellschaft und agiert in dieser als Institution parteipolitisch neutral.
Nachhaltigkeit
Die documenta erkennt Nachhaltigkeit als ein Leitprinzip ihres Handelns an. Für ihre Aktivitäten verfolgt sie das Ziel ressourcenschonenden Handelns unter Anlegung einer Kosten-Nutzen-Effizienz, die stets sämtliche sozialen, ökologischen und ökonomischen Nachhaltigkeitsaspekte im Blick behält. Die documenta verfolgt auf sämtlichen Handlungs- und Arbeitsebenen einen effizienten und achtsamen Umgang mit den essentiellen Grundlagen menschlichen Lebens.
Kommunikation, Vermittlung und Soziale Medien
Mit dem Anliegen einer breiten Teilhabe und umfassenden Einbindung der Öffentlichkeit in ihre Angebote ist die documenta insbesondere während der Zeiten der zyklischen Ausstellungen präsent in Sozialen Medien. Hierdurch befördert die documenta den Dialog mit ihren Besuchenden und macht aktuelle Informationen über ihre Angebote virtuell verfügbar. Die im Rahmen Sozialer Medien durch Dritte abgegebene Kommentare und geäußerten Ansichten geben keine Meinungsäußerungen der documenta selbst wieder. Die documenta erwartet auf den von ihr betriebenen Kanälen einen respektvollen Umgang im Geist der Leitlinien dieses Code of Conducts.
Verbindlichkeit des Code of Conduct
Der Code of Conduct beinhaltet organisationsinterne Verhaltensregeln, die für sämtliche von seinem Anwendungsbereich erfassten Personen unmittelbar verbindlich sind. Verstöße gegen diese Regeln wird die documenta mit den einschlägigen disziplinar- und arbeitsrechtlichen Instrumenten verfolgen. Der Code of Conduct entfaltet darüber hinaus eine gesellschaftliche Verantwortung der documenta, die sie auch in ihrem Austausch und Geschäftsverkehr mit Dritten als Handlungsleitlinie verfolgt.