In Bewegung. Harry Kramer, Kassel und die documenta

  • documenta archiv

Neue Galerie, Kassel

Schöne Aussicht 1, 34117 Kassel

Am 25. Januar 2025 wäre Harry Kramer 100 Jahre alt geworden. Der Kasseler Kunstprofessor, documenta Teilnehmer und Initiator der Künstler-Nekropole im Habichtswald zählt zweifellos zu den schillerndsten Künstlerpersönlichkeiten der Stadt. Aus diesem Anlass präsentieren das documenta archiv, Hessen Kassel Heritage und das Museum für Sepulkralkultur kinetische Plastiken, Filme, Fotografien und Grafiken aus allen Schaffensphasen des künstlerischen Universalisten.

Der Tänzer, Schauspieler und gelernte Frisör Harry Kramer (1925–1997) betrat die Bühne der bildenden Kunst Anfang der 1950er-Jahre als künstlerischer Autodidakt. Zeitlebens experimentierfreudig und unkonventionell, changierte sein Schaffen zwischen den Ausdrucksformen der bildenden und der darstellenden Künste. Die Nähe zu Theater, Zirkus, Jahrmarkt und Spektakel zieht sich wie ein roter Faden durch sein Werk. Auf frühe Figurinen für ein „Mechanisches Theater“ (1952) folgten in den 1960er-Jahren preisgekrönte Experimentalfilme und erste „Automobile Skulpturen“. Internationale Aufmerksamkeit erlangte Kramer schließlich mit seinen geknoteten Drahtplastiken – filigrane, mechanisch animierte Gebilde, die er ab 1961 in Paris entwickelte. Mit ihnen sorgte er auf der documenta 3 (1964) für Aufsehen. Die Sektion „Licht und Bewegung“ mit der Düsseldorfer Gruppe Zero, dem Schweizer Jean Tinguely und weiteren Pionieren der Kinetik wurde zur Sensation – Kramers Plastiken avancierten zur Entdeckung der Ausstellung.

Ein neues Kapitel begann 1970 mit seiner Berufung zum Professor für Bildhauerei an der Gesamthochschule Kassel. Nach und nach gab er die eigene bildhauerische Arbeit zugunsten gemeinschaftlicher künstlerischer Projekte mit Studierenden auf: Das „Atelier Kramer“ war geboren. Unkonventionelle Lehrmethoden, die bewusste Auflösung von Gattungsgrenzen und kollektive Aktionen prägten sein mehr als zwei Jahrzehnte währendes Wirken als Hochschullehrer.

Die Ausstellung In Bewegung. Harry Kramer, Kassel und die documenta lädt dazu ein, Kramers künstlerisches Werk und sein Wirken in der Stadt neu zu erfahren – als Individualist zwischen den Disziplinen, als ein Wegbereiter der Kinetik, als Initiator gesellschaftsbezogener Kunstprojekte. Fast drei Jahrzehnte nach seinem Tod gilt es, die Vielschichtigkeit seines Schaffens wiederzuentdecken.

Die Ausstellung versammelt Werke und multimediale Dokumente aus dem documenta archiv, der Neuen Galerie, dem Museum für Sepulkralkultur sowie aus Privatbesitz.

 

Kuratorisches Team:
Birgitta Coers und Martin Groh, documenta archiv; Gerold Eppler, Museum für Sepulkralkultur

Vernissage am 30. Oktober 2025

Das Schwarz-Weiß-Bild zeigt Harry Kramer seitlich stehend. Er blickt in die Kamera und hält in der Hand eine Jacke. Der Hintergrund ist dunkel und Kramer ist gut ausgeleuchtet.
Harry Kramer, documenta archiv / Foto: Floris M. Neusüss; Renate Heyne; Wolfgang Pfaffe; VG Bild-Kunst, Bonn