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“I‘ll just keep on … ‘Til I get it right.”
Die britisch-pakistanische Konzeptkünstlerin Ceal Floyer ist im Alter von nur 57 Jahren in Berlin gestorben.
Die präzise Reduktion auf minimale Gesten, das spielerische Arbeiten mit Sprache und wörtlicher Bedeutung sowie die feinfühlige Auseinandersetzung mit Präsenz und Absenz waren – und sind – die prägenden Merkmale ihrer künstlerischen Arbeit. Ebenso physisch intensiv wie multisensoriell zeigte sich auch das Reenactment ihrer Nail Biting Performance (2001/2012) zur Eröffnung der documenta 13: Unmittelbar vor der Pressekonferenz trat sie im Kongress Palais allein ins Rampenlicht und präsentierte – gleichsam als Ouvertüre auf das bevorstehende Ereignis – eine Darbietung, die den Titel wörtlich umsetzte. Über die Saallautsprecher verstärkt, wurde das sprichwörtlich für Gefahr und Spannung stehende Nägelkauen zu einer eindringlichen Geräuschkulisse.
Auch Floyers zweiter Beitrag zu Carolyn Christov-Bakargievs documenta 13 widmete sich der Verwundbarkeit und der Möglichkeit des Scheiterns. Die Sound-Installation ‘Til I Get It Right (2005) entwickelte sich im Erdgeschoss des Fridericianum im Laufe der Ausstellung zu einem Ohrwurm für viele Besucherinnen und Besucher: Floyer verwendete den Refrain des gleichnamigen Songklassikers von Tammy Wynette aus dem Jahr 1972, entfernte die Worte „falling in love“ aus der Tonspur und verband die mit seidiger Stimme gesungenen Fragmente „I’ll just keep on / ‘til I get it right“ zu einer minimalistischen Endlosschleife mit maximaler Wirkung. Von romantischen Inhalten befreit, verwandeln sich die zwischen Melancholie und Sehnsucht changierenden Worte in eine offen deutbare Metapher sisyphusartiger Bemühungen.
Ceal Floyer studierte am Londoner Goldsmiths College. 2007 erhielt sie den Preis der Nationalgalerie für junge Kunst in Berlin, 2009 wurde sie im südkoreanischen Gyeonggi-do mit dem Nam June Paik Art Center Prize ausgezeichnet. Neben zahlreichen Gruppen- und Einzelausstellungen waren ihre Werke unter anderem auf der 53. Biennale von Venedig (2009) sowie bei der Manifesta 11 in Zürich (2016) vertreten.
