- documenta
Im Anschluss an das öffentliche Kommentierungsverfahren haben die Gremien der documenta und Museum Fridericianum gGmbH in der heutigen Aufsichtsratssitzung die ausstehenden Beschlüsse zu den fünf zentralen Empfehlungen aus dem Abschlussbericht der Organisationsentwicklung gefasst.
Nach eingehender Betrachtung und ausführlicher Bewertung und Abwägung von Rückmeldungen aus dem öffentlichen Kommentierungsverfahren werden mit Blick auf die klare Rollendefinition zwischen Geschäftsführung und Künstlerischer Leitung zwei METRUM-Empfehlungen nicht übernommen:
An Stelle des Konzeptes von zwei Codes of Conducts soll lediglich der documenta und Museum Fridericianum gGmbH als Trägergesellschaft die Erstellung eines Codes of Conduct auferlegt werden. Er bildet den Orientierungsrahmen für die Arbeit der documenta. Der Künstlerischen Leitung wird die Entwicklung eines eigenen Codes of Conduct demgegenüber nicht zur Auflage gemacht. Stattdessen soll im regulären Veranstaltungslauf der documenta frühzeitig nach der Berufung der Künstlerischen Leitung eine gemeinsam mit der documenta und Museum Fridericianum gGmbH ausgerichtete öffentliche Veranstaltung vorgesehen werden, bei der die Künstlerische Leitung ihr künstlerisches Konzept vorstellt und hierbei auch darlegt, welches Verständnis sie von der Achtung der Menschenwürde hat und wie deren Wahrung auf der von ihr kuratierten Ausstellung sichergestellt werden soll.
Der Aufsichtsrat wird nicht verkleinert. Auf diese Weise sollen die Stadt Kassel und das Land Hessen angemessen vertreten sein. Zwei Vertreter*innen des Bundes werden in den Aufsichtsrat als vollwertige Mitglieder mit Stimmrecht aufgenommen.
Den METRUM-Empfehlungen folgend, werden die Findungskommission und das Prozedere ihrer Aufstellung auf Vorschlag der Geschäftsführung beibehalten, wobei weiche Auswahlkriterien, die dem Diversitätsziel entsprechen, weiterhin gestärkt werden. Ferner wird ein aus sechs Personen bestehender wissenschaftlicher Beirat eingerichtet und die/der Vorsitzende als beratendes Mitglied ohne Stimmrecht in den Aufsichtsrat aufgenommen, sowie die Aufgaben von Geschäftsführung und Künstlerischer Leitung insofern geklärt, als dass die geschäftsführenden und kuratorischen Bereiche klar voneinander abgegrenzt werden – wobei Letztere die volle künstlerische Freiheit genießt. Schließlich wird ein Management Board in der documenta und Museum Fridericianum gGmbH eingerichtet, dem die Abteilungsleitungen und auch die zukünftige Künstlerische Leitung angehören.
Der Aufsichtsratsvorsitzende der documenta und Museum Fridericianum gGmbH und Oberbürgermeister der Stadt Kassel, Sven Schoeller betont: „Die documenta gGmbH geht mit den eingeholten Expertisen nach der documenta 15, einschließlich des METRUM-Abschlussberichtes und den heute getroffenen Beschlüssen mit einem wirksamen Instrumentarium zum Schutz künstlerischer Freiheit und zum Schutz gegen menschenfeindliche Diskriminierung und Antisemitismus gestärkt in die Zukunft. Zu den abgewogenen Entscheidungen, die wir in dem schwierigen Spannungsfeld zu treffen hatten, hat der transparente Prozess um die Empfehlungen zur Organisationsuntersuchung und die engagierte Beteiligung der interessierten Öffentlichkeit beigetragen. Dafür bedanke ich mich im Namen der documenta gGmbH ausdrücklich.“ Er ergänzt: „Die in den Gremien bereits vor dem Kommentierungsverfahren bestehende Skepsis gegenüber dem Vorschlag eines Codes of Conduct hat sich auch durch eine Reihe von Eingaben während des Kommentierungsverfahrens bestätigt, wenngleich die Position diskursiv betrachtet wird. Die nunmehr getroffene Lösung eines Veranstaltungsformats erfüllt den seitens der Beratungsgesellschaft METRUM mit dem Vorschlag der beiden Codes of Conducts verfolgten Zweck des frühzeitigen Dialogs zwischen Künstlerischer Leitung und Verantwortlichen der Trägergesellschaft, ohne die künstlerische Freiheitsperspektive zu tangieren. Dank dieser Lösung können wir daher auf den zweiten Code of Conduct verzichten und erreichen gleichwohl die angestrebten Schutzzwecke.“
Der Hessische Staatsminister für Wissenschaft und Forschung, Kunst und Kultur und neu gewählte Stellvertretende Aufsichtsratsvorsitzende Timon Gremmels unterstreicht: „Es ist eine der komplexesten Aufgaben der gegenwärtigen Kulturpolitik, eine praktikable Balance zwischen dem Schutz der Kunstfreiheit und der Wahrung der Menschenwürde zu finden. Auch in Zeiten zunehmender Konflikte, die sich in den Kunstbetrieben abspielen, müssen beide hohen Güter gleichermaßen Achtung erfahren. Wir haben heute die Voraussetzungen geschaffen, damit dies bei der nächsten documenta gelingen kann. Ich bin zuversichtlich, dass sich mit der klar definierten Rollenteilung zwischen Geschäftsführung und Künstlerischer Leitung Vorgänge wie auf der documenta 15 nicht wiederholen.“
Andreas Hoffmann, Geschäftsführer der documenta und Museum Fridericianum gGmbH sagt: „Ich bin überzeugt, dass wir mit dem nun beschlossenen Werkzeugkasten bestens aufgestellt sind, um mit großen Schritten auf die documenta 16 zuzugehen. Die erste Maßnahme ist, jetzt sehr schnell die Internationale Findungskommission aufzustellen.“
Öffentliches Kommentierungsverfahren
Über das öffentliche Kommentierungsverfahren ließen die Auftraggeber der Organisationsentwicklung fünf zentrale Empfehlungen des Abschlussberichts der Organisationsentwicklung vom 21. Dezember 2023 bis zum 31. Januar 2024 kommentieren. Die Auswertung erfolgte durch Prof. Dr. Joanna Ozga (Professorin für internationale Unternehmensführung an der Hochschule Fulda) sowie ihre Wissenschaftliche Mitarbeiterin, Mira Bickert.
Download:
Aufsichtsratsbeschluss
Gemeinsame Erklärung der Kulturministerkonferenz, der Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien und der kommunalen Spitzenverbände vom 12. März 2024
Auswertungsbericht von Prof. Dr. Joanna Ozga und Mira Bickert, vom 5. Februar 2024
Rohdaten der Einträge im Kommentierungsverfahren, vom 7. Februar 2024
METRUM Stellungname zu den Ergebnissen des Kommentierungsverfahrens, vom 8. April 2024