Im Nachgang zum Symposium „documenta. Geschichte / Kunst / Politik“ (veranstaltet vom Deutschen Historischen Museum am 15. Oktober 2019) entfaltet sich derzeit eine mediale Debatte um die NS-Vergangenheit Werner Haftmanns (1912–1999). Der Kunstwissenschaftler war im Team um Arnold Bode eine prägende Persönlichkeit der ersten drei Ausgaben der Weltkunstausstellung.
Die documenta trat 1955 an, um die Wurzeln und Vorbilder zeitgenössischer Kunst vor allem für ein junges Publikum zu dokumentieren (= documenta) und somit auch im Nationalsozialismus als entartet verfemte moderne Kunst einer breiten Öffentlichkeit vorzustellen. Mit Bekanntwerden von Haftmanns NSDAP-Mitgliedschaft wird nun hinterfragt, inwiefern der häufig als Gegenentwurf zur NS-Kunstpolitik interpretierte Gründungsanspruch der documenta neu bewertet werden muss.
Eine Betrachtung der Haftmann-Biografie ist auf wissenschaftlicher Ebene bereits in der Vergangenheit erfolgt. Zum 50. Jubiläum der documenta im Jahr 2005 hat auch das documenta archiv mit externen Partnern mit „archive in motion“ kritisch auf die Rezeption der frühen documenta Ausstellungen geschaut. Außerdem haben sich immer wieder Künstlerische Leitungen und Künstler*innen mit den Anfängen der documenta auseinandergesetzt, etwa zuletzt bei der documenta 14.
Dazu die Generaldirektorin der documenta und Museum Fridericianum gGmbH, Dr. Sabine Schormann: „Wir begrüßen und unterstützen eine unabhängige, wissenschaftliche und kritische Auseinandersetzung mit der eigenen Geschichte. Dazu gehört auch, dass eine jüngere Forscher*innengeneration die Gründungszeit unverstellter in den Blick nimmt. Dies gehört zum Selbstverständnis der documenta. In diesem Zusammenhang kommt dem documenta archiv, das jederzeit für unabhängige Forschung offen ist, und auch dem geplanten documenta Institut eine wichtige Rolle zu“, so Dr. Sabine Schormann weiter: „Eine kontinuierliche Erforschung der Wirkungsgeschichte der documenta ist zentrale Aufgabe des mit Land, Stadt und Universität gemeinsam geplanten documenta Instituts“.
Für die 2021 geplante Ausstellung des Deutschen Historischen Museums – die u.a. den Anfängen der documenta nachgeht – sichert das documenta archiv die Zugänglichkeit der Archivalien zu und unterstützt die zuständigen Wissenschaftler*innen bei ihren Recherchen. Die im November 2019 in der Neuen Galerie eröffnete Überblicksausstellung „about: documenta“ hingegen möchte einen breiten Überblick über alle documenta Ausstellungen geben und verfolgt keinen Vertiefungsanspruch.